Nikolaus Harnoncourt stand in den vergangenen Tagen und Wochen im Mittelpunkt des musikalischen Geschehens – zu Recht, schließlich feierte der große Dirigent und Freigeist am 6. Dezember seinen 85. Geburtstag. Von mir kommen jetzt etwas verspätete Geburtstagswünsche: Herzliche Gratulation, lieber Maestro! und eine CD, die zeigt, dass Nikolaus Harnoncourt auch im hohen Alter nichts von seiner Neugierde, seiner Offenheit und seinem Forschergeist eingebüßt hat. Längst hat der Revolutionär der Alten Musik sein Repertoire bis in die Spätromantik erweitert und spielt von Schumann und Beethoven bis hin zu Bruckner und Strauss alles mit der selben Intensität und Leidenschaft. Einen besonderen Platz im Schaffen Nicolaus Harnoncourts hatte stets Mozart. Zwei geniale Geister, die eben gut zusammen passen. Mit dem Concentus Musicus hat Harnoncourt in den vergangenen Jahren nach und nach Mozarts frühe Symphonien aufgenommen, nun hat er sich den letzten dreien zugewandt. Über 60 Jahre intensive, immer währende Beschäftigung mit diesem Werk liegen zurück. Mit seiner Aufnahme stellt Nikolaus Harnoncourt nun eine revolutionäre These an, nämlich dass diese Werke einen Einheit bilden und von Mozart selbst als ein dramatisches Ganzes geplant waren. Demzufolge präsentiert sie Harnoncourt auch nicht als Einspielung dreier voneinander unabhängiger Werke, sondern als ein Instrumental-Oratorium. Den handfesten Beweis für diese geplante Trias liefern die Partituren selbst. So beginnt die Es-Dur-Symphonie mit einer richtigen Ouvertüre während die C-Dur-Symphonie (Jupiter) mit einem richtigen Finale endet. Die g-Moll-Symphonie hingegen hätte, so Harnoncourt, gar keinen richtigen Anfang. Also hören wir hier ein kühnes Oratorium in drei Sätzen, beginnend mit einer großen Intrada und einem fließenden Übergang vom Finale der Es-Dur Sinfonie zum Eröffnungssatz des g-Moll-Werks bis hin zu einem bravourösen Schlusssatz der C-Dur Symphonie. Das mag zunächst ungewohnt klingen, macht dramaturgisch aber durchaus Sinn. Wieder ist Nikolaus Harnoncourt ein genialer Wurf gelungen und ein Impuls, Mozart in Zukunft mit neuen Ohren zu hören. Ganz zu schweigen von einem famosen Concentus Musicus, der die vielen Stimmungen und Klangfarben voll auszuloten vermag.
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Musischer Adventskalender 2014, Tür #17: Im Beethoven-Glück
Dass Beethoven nicht nur ein Genie, sondern auch ein Visionär war, wissen wir. Mit seinem Schaffen war er seiner Zeit weit voraus – in vielerlei Hinsicht. So hat es die Musikwelt und insbesondere das Violoncello Beethoven zu verdanken, dass es sich als eigenständiges Instrument emanzipieren konnte. Beethoven war der erste Komponist, der dem Cello neben dem Klavier eine gleichberechtigte Stimme gab und es aus seinem Schattendasein als Generalbass befreite. Den Auftakt machen die beiden Sonaten op. 5, die Beethoven für den König von Preußen komponierte und bei der Uraufführung 1796 auch selbst am Klavier spielte (wer der Cellist war ist leider nicht mehr bekannt. Friedrich Wilhelm II spielte zwar auch leidenschaftlich Violoncello, es ist aber anzunehmen, dass er zu diesem Anlass im Publikum saß). Beethoven selbst dürfte von seinen Kompositionen so angetan gewesen sein, dass er Cellosonaten aus allen Schaffensphasen hinterließ; hinzu kommen drei Variantionszyklen für Klavier und Violoncello: zwei der Themen stammen aus Mozarts Zauberflöte, das dritte Thema aus Händels Judas Maccabäus. Jean-Guihen Queyras und Alexander Melnikov haben jetzt sämtliche Werke Beethovens für Violoncello und Klavier neu eingespielt. Gelungen sind ihnen beglückende Momente zwischen Virtuosität und Intimität, knisternder Spannung und ausgelassen Spielfreude. Schade, dass man Beethovens Kompositionen für Cello und Klavier so selten hört. Es muss ja schließlich nicht immer nur leichte Kost sein, oder?
Musischer Adventskalender 2014, Tür #16: Music for a While
Mit ihrem Ensemble L´Arpeggiata erforscht die Lautenspielerin Christina Pluhar regelmäßig die Welt der Alten Musik und blickt dabei auch gerne mal über dessen Tellerrand hinaus. Mal spielt sie italienischen Frühbarock, mal mischt sie Madrigale von Monteverdi mit Jazz- und Blues-Elementen, mal wird nach Lust und Laune improvisiert – eine Praxis, die im 17. Jahrhundert übrigens gang und gäbe war, weil der Notentext zu dieser Zeit meist nur sporadisch notiert war. Zuletzt erforschte Christina Pluhar die Klangwelten Südamerikas und jene des Mittelmeerraums; jetzt kehrte die gebürtige Grazern zu ihren musikalischen Wurzeln zurück und nahm sich den englischen Meister des Barocks, Henry Purcell vor, dessen Lieder sie auf ihrer neuen CD virtuos “verjazzt” hat. Natürlich hat Frau Pluhar auch dieses Mal wieder illustre Gäste um sich versammelt, die gemeinsam mit L´Arpeggiata durch Purcells Klangwelten fegen: neben der spanischen Sopranistin Raquel Andueza – sie singt die berührende Todesarie der Dido aus “Didi and Aeneas” –, sind auch Jazzgitarrist Wolfgang Muthspiel, Klarinettist Gianluigi Trowes und Countertenor Philippe Jaroussky mit von der Partie. Und wenn jetzt so mancher Traditionalist bei solchen Projekten die Stirn runzelt – “Music for a while” ist ein Album, welches, wie es der Titel schon sagt, zum Verweilen einlädt. Und zum Genießen. Wer sich nach Purcells “Originalen” sehnt, weiß ja, wo er sie findet. Wer hingegen mutig genug ist, sich auf dieses klangliche Experiment einzulassen, wird schnell merken, wie unsinnig das ewige Gerde von “historisch informierter Aufführungspraxis” ist. In diesem Sinne: Auf zu neuen Ufern! Purcell hätte es bestimmt gefallen.
Musischer Adventskalender 2014, Tür #15: Mozart brennt
Ich habe lange darauf gewartet, heute war es endlich soweit: in meinem Postkasten lag ein dickes Päckchen mit Mozarts Oper “Così fan tutte”, frisch aus dem Druck quasi. Es ist nach dem famosen “Figaro” der zweite Teil der Da-Ponte-Trilogie, die der Dirigent Teodor Currentzis mit seinem Ensemble MusicaAeterna in der Oper von Perm aufgenommen hat. Ich habe also ein paar Stunden Mozart gehört und bin begeistert. Wenn “Figaro” von der Revolution in der Gesellschaft und in der Kunst handelt, dann geht es in Così um die Unberechenbarkeit in der Liebe. Vom Libretto her ist “Così fan tutte” vielleicht die schwächste der Da-Ponte-Opern, und es ist manchmal schon ziemlich dämlich, was die einzelnen Herrschaften so von sich geben. Musikalisch gesehen, ist es hingegen Mozarts vielleicht schönste, ernsteste Oper. Currentzis Zugang zu Mozart war schon beim Figaro erfrischend neu. Hier setzt er noch einen drauf. Bei ihm ist Mozart dieser junge, göttliche Komponist geblieben, mit einem empfindsamen Herzen und einem brillanten Geist. Wieder sind die Tempi straffer, als wir es gewohnt sind; alles klingt präzise und virtuos, gleichzeitig aber auch zart und zerbrechlich. Currentzis und seinem Ensemble gelingt hier etwas Bemerkenswertes, nämlich, dass es auch Sinn macht, sich eine Oper auf CD anzuhören. Nicht nur, weil man sich so die leidige Debatte um Inszenierungen erspart – es geht hier einzig und allein um die Musik. Wenn wir eine Aufnahme hören, dann begegnen wir der Musik zu unseren eigenen Bedingungen. Einfach hinsetzen, Platte anhören und sich ganz der Musik überlassen – das hat etwas Befreiendes. Mozarts “Così fan tutte” präsentiert sich hier übrigens auch wieder in schönem Gewand: 3 CDs und ein üppiges Booklet in drei Sprachen, das neben dem Libretto auch ein spannendes Gespräch mit Theodor Currentzis bereithält.
Musischer Adventskalender 2014, Tür #14: Klingende Gärten
Die Palastgärten von Aranjuez, etwa 50 km südlich von Madrid, sind ein magischer Ort. Im Sommer duftet es herrlich nach Orangenblüten, kleine Wasserläufe plätschern zwischen Nymphen aus weißem Marmor und kunstvollen Pagoden und in den alten Zypressen zwitschern die Vögel um die Wette. Hier verbrachten Anfang der 1930er-Jahre Joaquín Rodrigo und seine frisch angetraute Frau Victoria Kamhi ihre Flitterwochen. Die ihn umgebende Pracht konnte der spanische Komponist nur erahnen – er war seit seinem dritten Lebensjahr blind. Umso tiefer offenbarte sich seine Sehnsucht nach Farben, Gerüchen, Blüten und Klängen, die ihn dazu inspirierte in seinem Concierto de Aranjuez die Gärten zu musikalischem Leben zu erwecken. Gemeinsam mit seiner Fantasía para un gentilhombre gehört es zu den vielleicht bekanntesten Kompositionen für Gitarre und Orchester. Miloš Karadaglic, Gitarrist aus Montenegro, hat mit dem London Philharmonic Orchestra unter Yannick Nézet-Séguin beide Werke aufgenommen. 1983 in Podgorica geboren, zählt Miloš mittlerweile zu den erfolgreichsten Klassikgitarristen seiner Generation. Für sein Debüt-Album „Mediterraneo“ mit spanischer, griechischer und türkischer Musik wurde er 2011 von der renommierten Zeitschrift Gramophone als Nachwuchskünstler des Jahres ausgezeichnet, mit „Latino“ unternahm Miloš ein Jahr später seine zweite musikalische Reise, dieses Mal nach Südamerika, mit Tangos von Piazolla und Garden, Villa-Lobos und Jobim. Auf seinem dritten Album begibt er sich auf eine Spurensuche zu den Anfängen der modernen Klassikgitarre im 20. Jahrhundert. Die erste bedeutende Komposition für die klassische Gitarre entstand 1920. Manuel de Falla schrieb das Stück Homenaje zum Gedenken an Claude Debussy. De Falla war ein Meister darin musikalische Atmosphäre zu erzeugen. Während seiner Pariser Studienjahre lernte Rodrigo übrigens de Falla kennen – ihm widmete er die Invocación y danza, ein Stück, das Miloš seit seiner frühen Studienzeit begleitet. Joaquín Rodrigo dankt mit diesem Werk jenem Komponisten, der der spanischen Musik endgültig das Tor in eine neue Welt geöffnet hatte. Aranjuez ist Miloš’ persönliche Hommage an die Musiker, die die Geschichte seines Instruments verändert haben.
Musischer Adventskalender 2014, Tür #13: Klassisch Istanbul
Wie fantastisch ein privates Orchester klingen kann, beweist das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra unter seinem Chefdirigenten Sascha Goetzel. Benannt ist es nach der Borusan-Holding, eines der größten Unternehmen in der Türkei; es produziert Stahl und Röhren, ist in den Bereich Energie, Telekommunikation und Logistik aktiv und importiert exklusiv Autos von BMW in die Türkei. 1999 beschloss der Chef von Borusan, Ahmed Kocabiyik, ein Orchester zu gründen. Warum? Weil er die schönen Künste und insbesondere die klassische Musik liebt. Sechs Millionen Euro lässt er sich das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra pro Saison kosten, eine Investition, die sich lohnt, denn mittlerweile hat sich der türkische Klangkörper auch international einen Namen gemacht. Seit 2008 leitet der Wiener Dirigent Sascha Goetzel nun die künstlerischen Geschicke des Borusan-Orchesters und reist jeden Monat für ein paar Tage in die pulsierende Millionenmetropole am Bosporus, um mit den Musikern zu arbeiten. Geprobt wird in einer Halle über der Istanbuler BMW- Vertretung von Borusan, und während im Erdgeschoß Luxusautomobile verkauft werden, erklingen einen Stock höher Haydn, Mahler und Brahms. Hier wurde im Frühling auch die zweite CD des Orchesters aufgenommen, die den gegenseitigen Einflüssen von westlicher und östlicher Musikkultur gewidmet ist. Dieses Mal geht die musikalische Reise in orientalische Gefilde, von Rimski-Korsakows exotisch anmutender Scheherazade und Balakirews virtuoser Islamey bis hin zu furiosen Rhapsodie Köçekçe des Türken Ulvi Cemal Erkin. Um dem originalen Klang näher zu kommen, wurde auch traditionelles orientalisches Instrumentarium verwendet. Eine gelungene Überraschung dieses jungen, spielfreudigen Klangkörpers.
Advenstkalender 2014, Tür #12: Zurück zu Brahms
Als 15-jährige überraschte Hélène Grimaud die Musikwelt mit einer furiosen Einspielung von Rachmaninows Zweiter Klaviersonate. Mit 17 gelang ihr der internationale Durchbruch: Sie spielte auf dem Internationalen Klavierfestival in La Roque d’Anthéron und debütierte mit dem Orchestre de Paris unter Daniel Barenboim. Hélène Grimaud bekam hymnische Kritiken, zog in die USA und tat das, was sie am liebsten mag: Klavier spielen und Konzerte geben. Doch irgendwann wurde der Druck für die hochbegabte und hypersensible Pianistin zu viel. Sie zog sich zurück und gründete auf dem Land vor den Toren New Yorks ein Wolfsreservat. Für die PR-Agenturen war das ein gefundenes Fressen: man sah die Grimaud in Hochglanzmagazinen, Talkshows und TV-Porträts. Der Medienhype um die Frau „die mit den Wölfen tanzt“ war so groß, dass die ernsthafte Pianistin Hélène Grimaud dahinter zu verschwinden drohte. Heute, mit 44, scheint Hélène Grimaud ruhiger geworden zu sein. Jetzt hat sie sich mit ihrem dritten Buch (“Rückkehr nach Salem”) und einem neuen Album zurückgemeldet. Darauf spielt Grimaud die Klavierkonzerte von Johannes Brahms, einem ihrer Lieblingskomponisten. Zwanzig Jahre trennen Brahms´ Erstes und Zweites Klavierkonzert voneinander – fast genauso viel Zeit ließ Hélène Grimaud verstreichen, ehe sie sich nach ihrer ersten Begegnung mit d-Moll-Konzert an das Zweite in B-Dur heranwagte. Es sind Werke, die unterschiedlicher nicht sein können: tiefgründig, feurig, romantisch das Erste; sehnsüchtig und nostalgisch das Zweite. Zusammen mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (1. Klavierkonzert), den Wiener Philharmonikern (2. Klavierkonzert) und dem Dirigenten Andris Nelsons strebt Grimaud nach einem Dialog und einer Versöhnung der Gegensätze, zwischen dem grüblerischen älteren Brahms und seinem jüngeren Selbst. Das ist ihr auch gelungen, auf ihre ganz eigene, sehr subjektive Weise. Eine intensive musikalische Reise mit allen Höhen und Tiefen.
Adventskalender 2014, Tür #11: Chiaras Tagebuch
An einem Apriltag des Jahres 1718 wurde ein zwei Monate altes Mädchen vor dem Ospedale della Pietà, einem der vielen Waisenhäuser in Venedig, ausgesetzt. Die Venezianischen Ospedali waren soziale Einrichtungen, die seit dem Ende des 16. Jahrhunderts verlassenen Waisenkindern eine sichere Unterkunft boten. Die talentiertesten Mädchen wurden von Klein auf in Musik unterrichtet. Nach und nach wurden aus den Ospedali richtige Konservatorien, wo den Kindern Musiktheorie, Gesang und Instrumente beigebracht wurden. Zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert hatten diese Chöre und Orchester ein solch hohes Niveau erreicht, dass Venedig zu einem der wichtigsten Zentren der damaligen Kultur und Musik wurde. Regenten und wichtige Persönlichkeiten aus ganz Europa kamen hierher, um dem feinen Gesang und dem präzisen Spiel der Mädchen zu lauschen. Chiara war ein außergewöhnlich begabtes Kind. Mit 12 Jahren lernte sie Viola d’amore, Orgel und besonders virtuos Geige spielen; mit 21 war “Chiara del Violino” die wahrscheinlich beste Geigerin Europas. “Per la Signora Chiara” – so lautet die Widmung eines Violinkonzerts aus der Feder Antonio Vivaldis, der als Musiklehrer am Ospedale della Pietà wirkte. Aber auch andere Komponisten wie Giovanni Porta, Antonio Martinelli oder Andrea Bernasconi widmeten Chiara Solokonzerte. Fabio Biondi hat die lange verschollenen Werke aus den Archiven hervorgeholt und gemeinsam mit seinem Ensemble Europa Galante aufgenommen. Das Ergebnis dieser mitreißend musizierten Entdeckungsreise nannten sie „Il Diario di Chiara“. Dem Album liegt außerdem ein halbstündiger Dokumentarfilm bei, der vom Leben des venezianischen Wundermädchens erzählt. Chiara starb 1791 im Alter von 73 Jahren.
Musischer Adventskalender 2014, Tür #10: Im Schumann-Rausch
Prades ist ein kleines Städtchen am Fuße der französischen Pyrenäen. Die knapp 6.000 Einwohner sprechen neben französisch auch katalanisch, denn Frankreich und Spanien trennen hier keine Hundert Kilometer. 1939 adelte der weltberühmte Cellist Pablo Casals den bisher unscheinbaren Ort, als er sich im Zuge seiner Flucht vor dem spanischen Bürgerkrieg und den Franco-Nationalisten gemeinsam mit seiner Familie hier niederließ. 1950 rief Casals ein kleines Musikfestival ins Leben, wo sich in den folgenden Jahren Musiker von Weltrang zum gemeinsamen Musizieren trafen. 1956 spielten Pablo Casals, Rudolf Serkin und Sandor Vegh gemeinsam mit dem Vegh-Quartett Schumanns g-Moll-Klaviertrio und das Klavierquintett in Es-Dur in Prades. Nun ist das wertvolle Zeitdokument auf CD veröffentlicht worden, und es erinnert daran, dass hier ganz große Künstler am Werk sind. Da ist Schumanns überirdisch schöne Musik, die mit all ihrer Wucht, ihrer Fülle, ihrer Kraft erklingt und vom innigen Gesang zwischen den Instrumenten getragen wird. Jede Phrase, jede Note, jeder Ton wird hier zur existenziellen Aussage, und man spürt, wie präsent die traumatischen Erlebnisse des Krieges immer noch sind. Casals leidenschaftlicher und machtvoller Celloton, Serkins unbedingte musikalische Ehrlichkeit und Veghs weicher Geigenklang fanden in Prades zu einer wunderbaren Symbiose zusammen. Schon lange habe ich Schumanns Seelenbilder nicht mehr so eindringlich musiziert gehört. Für mich einer der schönsten CD-Erscheinungen des letzten Jahres und eine Interpretation, die bis heute nichts von ihrer Faszination verloren hat.
2015 feiert das Kammermusikfestival seinen 65. Geburtstag ( 26. Juli bis 13. August).
http://prades-festival-casals.com
Musischer Adventskalender 2014, Tür #9: Early Music Noir
Die sieben Damen und Herren des Quadriga Consorts treiben es gerne bunt, fernab jeglicher Stilistik und Schubladen. Das hat nicht nur für frischen Wind in der Alte-Musik-Szene gesorgt, sondern auch für einige kultverdächtige Nummern. Das Repertoire der österreichischen Formation kommt aus der frühbarocken Kammermusik, wobei die Musiker ein besonderes Faible für britische Folksongs und Melodien entwickelt haben, die sie nach Lust und Laune neu arrangieren. Auf seinem neuen Album erkundet das Quadriga Consort die Schattenseiten und Abgründe des menschlichen Innenlebens. Fündig wurde es natürlich auf den britischen Inseln, wo allerlei Gruselgeschichten über das Sagenhafte, Geheimnisvolle und Übersinnliche in Liedern und Balladen verpackt sind. Hinter den „14 Tales of Mystery“ verbergen sich mitreißend musizierte alte englische, schottische und irische Songs, gekonnt arrangiert vom Cembalisten und Leiter der Formation Nikolaus Newerkla – schwarzer Humor und kribbelndes Schaudern inklusive.
Am Sonntag, den 21. Dezember ist das Quadriga Consort zu Gast in Linz und spielt im Rahmen der Konzertreihe Musica sacra in der Minoritenkirche Arrangements weltweiter Traditionals.