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Ach, ach, ach – drei Variationen von Meister Bach

FALTER 03/17

Nemanja Radulovic (Foto: Charlotte Abramow / DG)

Nemanja Radulovic (Foto: Charlotte Abramow / DG)

Johann Sebastian Bach (1685-1750) war nicht nur ein ausgesprochener Vielschreiber, sondern er hat, wie zur Zeit des Barock üblich, auch immer wieder Werke anderer Komponisten sowie eigene Werke bearbeitet und transkribiert. Daran erinnert Nemanja Radulović mit seinem neuen Album “Bach” (Deutsche Grammophon). Der serbische Geiger ließ dafür drei seiner Lieblingswerke neu arrangieren: die Toccata & Fuge, die Chaconne sowie die berühmte Air aus der Orchester-Suite in D-Dur. Für Traditionalisten sind die kühnen, fast schon rockigen Arrangements, in denen Radulović seine beeindruckende Virtuosität beweist, bestimmt eine Herausforderung. Ein echter Glücksgriff hingegen ist das wunderbare, viel zu selten gespielte Bratschenkonzert, bei dem der Geiger selbst an der Viola zu hören ist. Weiterlesen

Adventskalender 2014, Tür #11: Chiaras Tagebuch

ChiaraAn einem Apriltag des Jahres 1718 wurde ein zwei Monate altes Mädchen vor dem Ospedale della Pietà, einem der vielen Waisenhäuser in Venedig, ausgesetzt. Die Venezianischen Ospedali waren soziale Einrichtungen, die seit dem Ende des 16. Jahrhunderts verlassenen Waisenkindern eine sichere Unterkunft boten. Die talentiertesten Mädchen wurden von Klein auf in Musik unterrichtet. Nach und nach wurden aus den Ospedali richtige Konservatorien, wo den Kindern Musiktheorie, Gesang und Instrumente beigebracht wurden. Zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert hatten diese Chöre und Orchester ein solch hohes Niveau erreicht, dass Venedig zu einem der wichtigsten Zentren der damaligen Kultur und Musik wurde. Regenten und wichtige Persönlichkeiten aus ganz Europa kamen hierher, um dem feinen Gesang und dem präzisen Spiel der Mädchen zu lauschen. Chiara war ein außergewöhnlich begabtes Kind. Mit 12 Jahren lernte sie Viola d’amore, Orgel und besonders virtuos Geige spielen; mit 21 war “Chiara del Violino” die wahrscheinlich beste Geigerin Europas. “Per la Signora Chiara” – so lautet die Widmung eines Violinkonzerts aus der Feder Antonio Vivaldis, der als Musiklehrer am Ospedale della Pietà wirkte. Aber auch andere Komponisten wie Giovanni Porta, Antonio Martinelli oder Andrea Bernasconi widmeten Chiara Solokonzerte. Fabio Biondi hat die lange verschollenen Werke aus den Archiven hervorgeholt und gemeinsam mit seinem Ensemble Europa Galante aufgenommen. Das Ergebnis dieser mitreißend musizierten Entdeckungsreise nannten sie „Il Diario di Chiara“. Dem Album liegt außerdem ein halbstündiger Dokumentarfilm bei, der vom Leben des venezianischen Wundermädchens erzählt. Chiara starb 1791 im Alter von 73 Jahren.