Schlagwort-Archiv: Adventskalender 2014

Musischer Adventskalender 2014, Tür #24: Don´t talk & listen!

breinschmidJedes Mal, wenn ich das neue Album von Georg Breinschmid höre, zaubert es mir ein Lächeln ins Gesicht. Weil es so wunderbar leichtfüßig daherkommt. Weil es Humor & Weisheit mitbringt. Und weil es herrlich grooved. “Double-Brein” hat Breinschmid es genannt: zwei prallvolle CDs gibt es hier zu entdecken, die Breinschmid in einen “Jazz”-Schwerpunkt (CD 1) und eine “klassische” Seite (CD 2) aufgeteilt hat. Klassisch deshalb, weil der Kontrabassist, einst Mitglied der Wiener Philharmoniker, in letzter Zeit wieder in seine “klassische” Vergangenheit hineingeschnuppert hat, die er ein wenig vernachlässigt hatte. Aber Breinschmid wäre nicht Breinschmid, wenn er nicht wieder einmal kongenial Jazz, Wiener Lied, Folk, Impro, Eigenkompositionen und virtuose Arrangements berühmter klassischer Stücke mischen würde. So wird der “Mephisto-Walzer” von Liszt oder eine Arie aus Verdis “Il Trovatore” recht unorthodox in einem Arrangement von Tscho Theissing interpretiert während bei Bach auch mal die Zeit still stehen darf. Immer wieder streut Breinschmid Wiener Lieder ein, experimentiert, jammt mit Musikern aus der Wiener Folk-Szene und spielt mit seinen Stammbesetzungen wie dem Trompetenvirtuosen Thomas Gansch, den Brüder Jánoška aus Bratislava an Violine und Klavier oder der Triobesetzung mit dem Geiger Benjamin Schmid und dem Gipsy-Gitarristen Diknu Schneeberger – um nur einige wenige zu nennen. Jedes Stück hat seine eigene Geschichte: so ist die groovige “Kopanitsa”, ein traditioneller bulgarischer Tanz im 11/8 Takt, das Produkt einer wilden Jam Session, “B´soffn in Heanois” eine Hommage an seinen neuen Wiener Heimatbezirk und “Odessa” eine Reminiszenz  an jene Stadt, die Georg Breinschmid zu neuen kreativen Impulsen inspirierte. Insgesamt zweieinhalb Stunden Musik, die uns mal zum Lachen, mal zum Schmunzeln, mal zum Nachdenken und mal zum Insichgehen bringt. Musik, die uns an das Leben erinnert, mit all seinen Höhen und Tiefen. Georg Breinschmid bedankt sich dafürper Rap-Gesang mit Ernst und etwas Geblödel. “Das pralle Leben, es ist so schön / ach würde es doch niemals vergehn / nur irgendwann, isses sicher aus / und vorher will ich spenden rasenden Applaus / I sag Danke”. Wir auch. Danke, Georg!

 

 

 

 

Adventskalender 2014, Tür #22: Eine gut durchmischte Ménage à quattre

51KnSNcv-JLDas Streichquartett, Goethe nannte es einmal ein Gespräch von vier gebildeten Menschen, ist das anspruchsvollste unter allen kammermusikalischen Genres und gleichzeitig die intimste und direkteste Art zu spielen. Voraussetzung für diese Ménage à quattre ist, dass alle, trotz ihrer individuellen Vorlieben und Neigungen, am selben Strang ziehen, nämlich wunderbare Musik miteinander zu machen. Bei Sebastian Gürtler, Régis Bringolf, Thomas Selditz und Florian Berner ist sozusagen der Idealfall eingetreten. Die vier Herren bilden das Hugo Wolf Quartett, welches vor 20 Jahren gegründet wurde und heute zu den besten seiner Zunft zählt. Im Mittelpunkt seht lebendiges Musizieren und das nehmen die Vier wörtlich. Die Musik lebender Komponisten hat denselben Stellenwert wie die eines Schubert oder eines Beethoven; aus purer Lust und weil es spannend ist zu spielen, was im Hier und Jetzt passiert. So stellen die vier Herren auf ihrer CD „Tristans langer Schatten“ Wagners Vorspiel zu Tristan und Isolde in Beziehung zu Alben Berg und Anton Webern. Dass man sich vor dem Neuen nicht zu fürchten braucht, weiß man spätestens im Konzert. Seit einigen Jahren bestreitet das Hugo Wolf Quartett einen eigenen Zyklus im Schubert Saal der Wiener Konzerthauses und auch in diesem Jahr wird in jedem Konzert neben zwei „klassischen“ Werken auch ein zeitgenössisches Stück zur Aufführung gebracht. Die daraus entstehende Symbiose ist verblüffend und inspirierend zugleich, vorausgesetzt man lässt sich auf die vielen neuen Stimmungen und Gedanken ein. Das nächste Konzert steht unter dem Motto “Kontrapunkte”. Am 28. Februar erklingen Werke von Bach, Beethoven und Anton Webern  sowie die Uraufführung von “Anamorph IV” des Salzburger Komponisten Gerhard E. Winklers, einer musikalischen Projektion als Hommage an Peter I. Tschaikowsky. Vor jedem Konzert gibt es übrigens einführende Worte zu den jeweiligen Werken; danach kann man mit dem Quartett auf einen Drink gehen, in die Bar des Hotels Intercontinental, wo man mit den Musikern bei einem Gin Tonic über das eben Gehörte plaudern kann. In diesem Sinne: Cheers!

Musischer Adventskalender 2014, Tür #20: El Maestro Farinelli

farinelleFarinelli, der eigentlich Carlo Brosche hieß, war eine Kultfigur des 18. Jahrhunderts. Schon als kleiner Junge waren seine Stimme und sein musikalisches Gespür auffallend, so umfasste sein Stimmumfang mehr als dreieinhalb Oktaven. Mit seinem himmlischen Gesang verdiente er nach heutigen Maßstäben Millionen. Weniger bekannt ist, dass Farinelli auch als Impresario tätig war. Auf Einladung des spanischen Königs Philipp V. reiste Farinelli nach Madrid, wo er mit der Leitung der beiden Hofopernhäuser in Madrid und Aranjuez betraut wurde. Von 1737 bis 1759 lebte Farinelli am spanischen Hof und prägte als Impresario das Musiktheater Spaniens maßgeblich. Wie, das lässt sich hier nachgören.  Der Dirigent Pablo Heras-Casado hat sich auf die Spuren von Farinellis Arbeit in Spanien begeben und Stücke ausgewählt, die der weltberühmte Kastrat dort aufführen ließ. Etliche Ersteinspielungen sind dabei, darunter spanisch angehauchte Ouvertüren von Nicola Conforto und die Fandango-Sinfonie von C.P.E. Bach. Oder aber Komponisten, wie Coradini und Marcolini, die heute (leider) niemand mehr kennt. Selbstverständlich dürfen auch einige prominente Vertreter der neapolitanischen Schule nicht fehlen:  Jommelli, Traetta und natürlich Farinellis Lehrer Nicola Propora. Dessen Arie “Alto Giove” wird hier von Bejun Mehta interpretiert – schöner geht einfach nicht. Ein großer Spaß sind die virtuosen Seguidillas von José de Nebra, bei denen Pablo Heras-Casado und das Concerto Köln einem so richtig einheizen. Spätestens hier brennt es dann auch, das spanische Feuer.

Adventskalender 2014, Tür #19: Der Kopf ist wichtig, das Herz wichtiger

parkNein, wie ein waschechter Oberfranke schaut Christopher Park nicht aus, und die Zeiten, in denen er seine Freunde mit seinem Klavierspiel zwangsbeglücken musste, sind auch längst vorbei. Heute zählt der gebürtige Bamberger mit deutsch-koreanischen Wurzeln zu den aufregendsten Pianisten der Gegenwart. Die Geschichte des 27-jährigen ist rasch erzählt: mit Sieben begann er mit dem Klavierspiel, bald kauft er sich Noten von seinem Taschengeld, und während gleichaltrige sich mit Sonatinen und kleinen Fingerübungen mühen, spielt der Achtjährige seiner Klavierlehrerin eines Tages Chopins Revolutionsetüde vor, die seinen Eltern umgehend einen Lehrerwechsel empfiehlt. Für Christopher Park steht da längst fest: er will Musik machen, am liebsten ein Leben lang. Während seines Studiums in Frankfurt prägen ihn zwei große Traditionen: bei Lev Natochenny lernt Park die Tugenden der legendären russischen Schule, bei Joachim Volkmann jene der deutschen Schule Wilhelm Kempffs. Doch da ist mehr. Der Kopf ist wichtig, das Herz wichtiger. Es kommt nicht nur darauf an, das Instrument meisterhaft zu beherrschen, sondern um die Freiheit des Ausdrucks und des Musizierens. Christopher Park vereint beides: virtuoses Feuer und Fantasie. Mittlerweile reist Christopher Park um die Welt, hat zuletzt ein fantastisches Album mit Klaviermusik von Franz Liszt  veröffentlicht, erhielt den begehrten Bernstein-Award und wird in Deutschland längst als Shootingstar gehandelt – ein Begriff, der eigentlich gar nicht zu ihm passt. Wer ihn im Konzert erlebt hat, weiß das. In Wien hatte man in den vergangenen zwei Monaten gleich zwei Mal die Gelegenheit dazu. Am 22. Oktober war Christopher Park im Konzerthaus zu Gast, einen Monat später, am 29. November, debütierte er im Wiener Musikverein, wo er gemeinsam mit dem Küchl-Quartett einen Kammermusikabend gestaltete. Wien als wichtige Feuertaufe? Ja und Nein, denn Christopher Park hat seinen Weg längst gefunden. Er gehört zu den glücklichen Menschen, deren Beruf zugleich Berufung ist.

 

 

Musischer Adventskalender 2014: Tür #18: Mozarts Oratorium

mozartNikolaus Harnoncourt stand in den vergangenen Tagen und Wochen im Mittelpunkt des musikalischen Geschehens – zu Recht, schließlich feierte der große Dirigent und Freigeist am 6. Dezember seinen 85. Geburtstag. Von mir kommen jetzt etwas verspätete Geburtstagswünsche: Herzliche Gratulation, lieber Maestro! und eine CD, die zeigt, dass Nikolaus Harnoncourt auch im hohen Alter nichts von seiner Neugierde, seiner Offenheit und seinem Forschergeist eingebüßt hat. Längst hat der Revolutionär der Alten Musik sein Repertoire bis in die Spätromantik erweitert und spielt von Schumann und Beethoven bis hin zu Bruckner und Strauss alles mit der selben Intensität und Leidenschaft. Einen besonderen Platz im Schaffen Nicolaus Harnoncourts hatte stets Mozart. Zwei geniale Geister, die eben gut zusammen passen. Mit dem Concentus Musicus hat Harnoncourt in den vergangenen Jahren nach und nach Mozarts frühe Symphonien aufgenommen, nun hat er sich den letzten dreien zugewandt. Über 60 Jahre intensive, immer währende Beschäftigung mit diesem Werk liegen zurück. Mit seiner Aufnahme stellt Nikolaus Harnoncourt nun eine revolutionäre These an, nämlich dass diese Werke einen Einheit bilden und von Mozart selbst als ein dramatisches Ganzes geplant waren. Demzufolge präsentiert sie Harnoncourt auch nicht als Einspielung dreier voneinander unabhängiger Werke, sondern als ein Instrumental-Oratorium. Den handfesten Beweis für diese geplante Trias liefern die Partituren selbst. So beginnt die Es-Dur-Symphonie mit einer richtigen Ouvertüre während die C-Dur-Symphonie (Jupiter) mit einem richtigen Finale endet. Die g-Moll-Symphonie hingegen hätte, so Harnoncourt, gar keinen richtigen Anfang. Also hören wir hier ein kühnes Oratorium in drei Sätzen, beginnend mit einer großen Intrada und einem fließenden Übergang vom Finale der Es-Dur Sinfonie zum Eröffnungssatz des g-Moll-Werks bis hin zu einem bravourösen Schlusssatz der C-Dur Symphonie. Das mag  zunächst ungewohnt klingen, macht dramaturgisch aber durchaus Sinn. Wieder ist Nikolaus Harnoncourt ein genialer Wurf gelungen und ein Impuls, Mozart in Zukunft mit neuen Ohren zu hören. Ganz zu schweigen von einem famosen Concentus Musicus, der die vielen Stimmungen und Klangfarben voll auszuloten vermag.

Musischer Adventskalender 2014, Tür #16: Music for a While

cd-cover-purcell-pluhar-music-for-a-while-100~_v-img__1__1__xl_-fc0f2c4a90a5ebfa79f56bc1c9c6a86c876e2a3cMit ihrem Ensemble L´Arpeggiata erforscht die Lautenspielerin Christina Pluhar regelmäßig die Welt der Alten Musik und blickt dabei auch gerne mal über dessen Tellerrand hinaus. Mal spielt sie italienischen Frühbarock, mal mischt sie Madrigale von Monteverdi mit Jazz- und Blues-Elementen, mal wird nach Lust und Laune improvisiert – eine Praxis, die im 17. Jahrhundert übrigens gang und gäbe war, weil der Notentext zu dieser Zeit meist nur sporadisch notiert war. Zuletzt erforschte Christina Pluhar die Klangwelten Südamerikas und jene des Mittelmeerraums; jetzt kehrte die gebürtige Grazern zu ihren musikalischen Wurzeln zurück und nahm sich den englischen Meister des Barocks, Henry Purcell vor, dessen Lieder sie auf ihrer neuen CD virtuos “verjazzt” hat. Natürlich hat Frau Pluhar auch dieses Mal wieder illustre Gäste um sich versammelt, die gemeinsam mit L´Arpeggiata durch Purcells Klangwelten fegen: neben der spanischen Sopranistin Raquel Andueza – sie singt die berührende Todesarie der Dido aus “Didi and Aeneas” –, sind auch Jazzgitarrist Wolfgang Muthspiel, Klarinettist Gianluigi Trowes und Countertenor Philippe Jaroussky mit von der Partie. Und wenn jetzt so mancher Traditionalist bei solchen Projekten die Stirn runzelt – “Music for a while” ist ein Album, welches, wie es der Titel schon sagt, zum Verweilen einlädt. Und zum Genießen. Wer sich nach Purcells “Originalen” sehnt, weiß ja, wo er sie findet. Wer hingegen mutig genug ist, sich auf dieses klangliche Experiment einzulassen, wird schnell merken, wie unsinnig das ewige Gerde von “historisch informierter Aufführungspraxis” ist. In diesem Sinne: Auf zu neuen Ufern! Purcell hätte es bestimmt gefallen.

Musischer Adventskalender 2014, Tür #15: Mozart brennt

CosiIch habe lange darauf gewartet, heute war es endlich soweit: in meinem Postkasten lag ein dickes Päckchen mit Mozarts Oper “Così fan tutte”, frisch aus dem Druck quasi. Es ist nach dem famosen “Figaro” der zweite Teil der Da-Ponte-Trilogie, die der Dirigent Teodor Currentzis mit seinem Ensemble MusicaAeterna in der Oper von Perm aufgenommen hat. Ich habe also ein paar Stunden Mozart gehört und bin begeistert. Wenn “Figaro” von der Revolution in der Gesellschaft und in der Kunst handelt, dann geht es in Così um die Unberechenbarkeit in der Liebe. Vom Libretto her ist “Così fan tutte” vielleicht die schwächste der Da-Ponte-Opern, und es ist manchmal schon ziemlich dämlich, was die einzelnen Herrschaften so von sich geben. Musikalisch gesehen, ist es hingegen Mozarts vielleicht schönste, ernsteste Oper. Currentzis Zugang zu Mozart war schon beim Figaro erfrischend neu. Hier setzt er noch einen drauf. Bei ihm ist Mozart dieser junge, göttliche Komponist geblieben, mit einem empfindsamen Herzen und einem brillanten Geist. Wieder sind die Tempi straffer, als wir es gewohnt sind; alles klingt präzise und virtuos, gleichzeitig aber auch zart und zerbrechlich. Currentzis und seinem Ensemble gelingt hier etwas Bemerkenswertes, nämlich, dass es auch Sinn macht, sich eine Oper auf CD anzuhören. Nicht nur, weil man sich so die leidige Debatte um Inszenierungen erspart – es geht hier einzig und allein um die Musik. Wenn wir eine Aufnahme hören, dann begegnen wir der Musik zu unseren eigenen Bedingungen. Einfach hinsetzen, Platte anhören und sich ganz der Musik überlassen – das hat etwas Befreiendes. Mozarts “Così fan tutte” präsentiert sich hier übrigens auch wieder in schönem Gewand: 3 CDs und ein üppiges Booklet in drei Sprachen, das neben dem Libretto auch ein spannendes Gespräch mit Theodor Currentzis bereithält.

Musischer Adventskalender 2014, Tür #14: Klingende Gärten

milosDie Palastgärten von Aranjuez, etwa 50 km südlich von Madrid, sind ein magischer Ort. Im Sommer duftet es herrlich nach Orangenblüten, kleine Wasserläufe plätschern zwischen Nymphen aus weißem Marmor und kunstvollen Pagoden und in den alten Zypressen zwitschern die Vögel um die Wette. Hier verbrachten Anfang der 1930er-Jahre Joaquín Rodrigo und seine frisch angetraute Frau Victoria Kamhi ihre Flitterwochen. Die ihn umgebende Pracht konnte der spanische Komponist nur erahnen – er war seit seinem dritten Lebensjahr blind. Umso tiefer offenbarte sich seine Sehnsucht nach Farben, Gerüchen, Blüten und Klängen, die ihn dazu inspirierte in seinem Concierto de Aranjuez die Gärten zu musikalischem Leben zu erwecken. Gemeinsam mit seiner Fantasía para un gentilhombre gehört es zu den vielleicht bekanntesten Kompositionen für Gitarre und Orchester. Miloš Karadaglic, Gitarrist aus Montenegro, hat mit dem London Philharmonic Orchestra unter Yannick Nézet-Séguin beide Werke aufgenommen. 1983 in Podgorica geboren, zählt Miloš mittlerweile zu den erfolgreichsten Klassikgitarristen seiner Generation. Für sein Debüt-Album „Mediterraneo“ mit spanischer, griechischer und türkischer Musik wurde er 2011 von der renommierten Zeitschrift Gramophone als Nachwuchskünstler des Jahres ausgezeichnet, mit „Latino“ unternahm Miloš ein Jahr später seine zweite musikalische Reise, dieses Mal nach Südamerika, mit Tangos von Piazolla und Garden, Villa-Lobos und Jobim. Auf seinem dritten Album begibt er sich auf eine Spurensuche zu den Anfängen der modernen Klassikgitarre im 20. Jahrhundert. Die erste bedeutende Komposition für die klassische Gitarre entstand 1920. Manuel de Falla schrieb das Stück Homenaje zum Gedenken an Claude Debussy. De Falla war ein Meister darin musikalische Atmosphäre zu erzeugen. Während seiner Pariser Studienjahre lernte Rodrigo übrigens de Falla kennen – ihm widmete er die Invocación y danza, ein Stück, das Miloš seit seiner frühen Studienzeit begleitet. Joaquín Rodrigo dankt mit diesem Werk jenem Komponisten, der der spanischen Musik endgültig das Tor in eine neue Welt geöffnet hatte. Aranjuez ist Miloš’ persönliche Hommage an die Musiker, die die Geschichte seines Instruments verändert haben.

Musischer Adventskalender 2014, Tür #13: Klassisch Istanbul

BIPOWie fantastisch ein privates Orchester klingen kann, beweist das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra unter seinem Chefdirigenten Sascha Goetzel. Benannt ist es nach der Borusan-Holding, eines der größten Unternehmen in der Türkei; es produziert Stahl und Röhren, ist in den Bereich Energie, Telekommunikation und Logistik aktiv und importiert exklusiv Autos von BMW in die Türkei. 1999 beschloss der Chef von Borusan, Ahmed Kocabiyik, ein Orchester zu gründen. Warum? Weil er die schönen Künste und insbesondere die klassische Musik liebt. Sechs Millionen Euro lässt er sich das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra pro Saison kosten, eine Investition, die sich lohnt, denn mittlerweile hat sich der türkische Klangkörper auch international einen Namen gemacht. Seit 2008 leitet der Wiener Dirigent Sascha Goetzel nun die künstlerischen Geschicke des Borusan-Orchesters und reist jeden Monat für ein paar Tage in die pulsierende Millionenmetropole am Bosporus, um mit den Musikern zu arbeiten. Geprobt wird in einer Halle über der Istanbuler BMW- Vertretung von Borusan, und während im Erdgeschoß Luxusautomobile verkauft werden, erklingen einen Stock höher Haydn, Mahler und Brahms. Hier wurde im Frühling auch die zweite CD des Orchesters aufgenommen, die den gegenseitigen Einflüssen von westlicher und östlicher Musikkultur gewidmet ist. Dieses Mal geht die musikalische Reise in orientalische Gefilde, von Rimski-Korsakows exotisch anmutender Scheherazade und Balakirews virtuoser Islamey bis hin zu furiosen Rhapsodie Köçekçe des Türken Ulvi Cemal Erkin. Um dem originalen Klang näher zu kommen, wurde auch traditionelles orientalisches Instrumentarium verwendet. Eine gelungene Überraschung dieses jungen, spielfreudigen Klangkörpers.

Advenstkalender 2014, Tür #12: Zurück zu Brahms

grimaudAls 15-jährige überraschte Hélène Grimaud die Musikwelt mit einer furiosen Einspielung von Rachmaninows Zweiter Klaviersonate. Mit 17 gelang ihr der internationale Durchbruch: Sie spielte auf dem Internationalen Klavierfestival in La Roque d’Anthéron und debütierte mit dem Orchestre de Paris unter Daniel Barenboim. Hélène Grimaud bekam hymnische Kritiken, zog in die USA und tat das, was sie am liebsten mag: Klavier spielen und Konzerte geben. Doch irgendwann wurde der Druck für die hochbegabte und hypersensible Pianistin zu viel. Sie zog sich zurück und gründete auf dem Land vor den Toren New Yorks ein Wolfsreservat. Für die PR-Agenturen war das ein gefundenes Fressen: man sah die Grimaud in Hochglanzmagazinen, Talkshows und TV-Porträts. Der Medienhype um die Frau „die mit den Wölfen tanzt“  war so groß, dass die ernsthafte Pianistin Hélène Grimaud dahinter zu verschwinden drohte. Heute, mit 44, scheint Hélène Grimaud ruhiger geworden zu sein. Jetzt hat sie sich mit ihrem dritten Buch (“Rückkehr nach Salem”) und einem neuen Album zurückgemeldet. Darauf spielt Grimaud die Klavierkonzerte von Johannes Brahms, einem ihrer Lieblingskomponisten. Zwanzig Jahre trennen Brahms´ Erstes und Zweites Klavierkonzert voneinander – fast genauso viel Zeit ließ Hélène Grimaud verstreichen, ehe sie sich nach ihrer ersten Begegnung mit d-Moll-Konzert an das Zweite in B-Dur heranwagte. Es sind Werke, die unterschiedlicher nicht sein können: tiefgründig, feurig, romantisch das Erste; sehnsüchtig und nostalgisch das Zweite. Zusammen mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (1. Klavierkonzert), den Wiener Philharmonikern (2. Klavierkonzert) und dem Dirigenten Andris Nelsons strebt Grimaud nach einem Dialog und einer Versöhnung der Gegensätze, zwischen dem grüblerischen älteren Brahms und seinem jüngeren Selbst. Das ist ihr auch gelungen, auf ihre ganz eigene, sehr subjektive Weise. Eine intensive musikalische Reise mit allen Höhen und Tiefen.