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Musischer Adventskalender 2014, Tür #17: Im Beethoven-Glück

de.hr.cms.servletDass Beethoven nicht nur ein Genie, sondern auch ein Visionär war, wissen wir. Mit seinem Schaffen war er seiner Zeit weit voraus – in vielerlei Hinsicht. So hat es die Musikwelt und  insbesondere das Violoncello Beethoven zu verdanken, dass es sich als eigenständiges Instrument emanzipieren konnte. Beethoven war der erste Komponist, der dem Cello neben dem Klavier eine gleichberechtigte Stimme gab und es aus seinem Schattendasein als Generalbass befreite. Den Auftakt machen die beiden Sonaten op. 5, die Beethoven für den König von Preußen komponierte und bei der Uraufführung 1796 auch selbst am Klavier spielte (wer der Cellist war ist leider nicht mehr bekannt. Friedrich Wilhelm II spielte zwar auch leidenschaftlich Violoncello, es ist aber anzunehmen, dass er zu diesem Anlass im Publikum saß). Beethoven selbst dürfte von seinen Kompositionen so angetan gewesen sein, dass er Cellosonaten aus allen Schaffensphasen hinterließ; hinzu kommen drei Variantionszyklen für Klavier und Violoncello: zwei der Themen stammen aus Mozarts Zauberflöte, das dritte Thema aus Händels Judas Maccabäus. Jean-Guihen Queyras und Alexander Melnikov haben jetzt sämtliche Werke Beethovens für Violoncello und Klavier neu eingespielt. Gelungen sind ihnen beglückende Momente zwischen Virtuosität und Intimität, knisternder Spannung und ausgelassen Spielfreude. Schade, dass man Beethovens Kompositionen für Cello und Klavier so selten hört. Es muss ja schließlich nicht immer nur leichte Kost sein, oder?

 

 

 

Die Magie des Augenblicks

Concerto Winderstein

Andrés Orozco-Estrada (Foto: Werner Kmetitsch)

Andrés Orozco-Estrada (Foto: Werner Kmetitsch)

„Das Wunder von Wien“, schrieb die österreichische Tageszeitung der Standard im Jahr 2004 über Andrés Orozco-Estrada. „Das Debüt des Jahres, vielleicht sogar des Jahrzehnts“, hieß es weiter im Text. „Jeder fähige Orchestermanager sollte den Mann vom Fleck weg engagieren“. Überschwängliches Lob, in der durchaus kritischen Musikmetropole, für den damals noch unbekannten Dirigenten aus Kolumbien und eine fulminante Feuertaufe für den 27-jährigen. Fast zehn Jahre ist das jetzt her und Andrés Orozco-Estrada erinnert sich immer noch an jede Minute. An den Anruf, ob er im Wiener Musikverein kurzfristig beim Tonkünstlerorchester einspringen könne, keine 24 Stunden vor dem Konzert.

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Wo die Oper spielt: im trauten Heim natürlich

Falter

RCOC-©Carlos Pericás

Juan Carlos Pericás

Opern für die Hi-Fi-Anlage zu Hause braucht es das denn? Ja, und zwar aus zweierlei Gründen. Erstens spart man sich die leidige Debatte um Inszenierungen, es geht hier einzig und allein um die Musik. Und zweitens ist der regelmäßige Besuch eines Opernhauses ein sehr kostspieliger Spaß. Der Mitschnitt von Beethovens „Fidelio“ (Decca) kommt da gerade recht. 2010 wurde die Oper beim Lucerne Festival aufgeführt, bis zu 320 Euro musste man für eine Karte lockermachen. Die Doppel-CD kostet einen Bruchteil davon und sorgt auch ohne Bühne für ein unglaubliches Hörerlebnis. Unter Claudio Abbado klingt das Werk noch eindringlicher, exzellent ist auch die Rollenbesetzung: Nina Stemme als Leonore steht mit Jonas Kaufmann der zurzeit wohl beste Florestan zur Seite.

Als Geheimtipp gelten die Werke des Katalanen Domènec Terradellas. „Sesostri“ (RCOC) ist eine typische Opera seria: der Stoff spielt in der Antike, es geht um Liebe, Rache, Macht und Mord. Musikalisch bietet Terradellas eine dichte Dramaturgie und raffiniert orchestrierte Arien. Zudem hat Juan Bautista Otero ein erstklassiges Ensemble um sich geschart. Sunhae Im in der Titelrolle klingt zwar ein wenig aufgesetzt, Alexandrina Pendatchanska als Sesostris Mutter Nitocri und Kenneth Tarver in der Rolle des ägyptischen Tyrannen Amasi sind dafür hervorragend besetzt.

„A newly-discovered operatic mas- terpiece by G.F. Handel as world premiere recording“ verspricht der Sticker auf der CD „Germanico“ (dhm/ Sony). Entdeckt wurde das Manuskript 2007 in einer florentinischen Bibliothek. Ob das Werk nun tatsächlich Georg Friedrich Händel zuzuschreiben ist oder nicht – die Abschrift stammt nicht vom Komponisten, trägt aber den Vermerk „Del Sigr Hendl“ –, darüber gehen die Expertenmeinungen auseinander. Hinzu kommt, dass „Germanico“ keine Oper ist, sondern eine Serenade. Gerade deshalb eignet sich das kurzweilige Stück gut als Futter für den CD-Player, zumal es mit tadellosen Barocksängern aufwartet, allen voran Sara Mingardo in der Titelpartie des Germanico.