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Adventskalender 2014, Tür #19: Der Kopf ist wichtig, das Herz wichtiger

parkNein, wie ein waschechter Oberfranke schaut Christopher Park nicht aus, und die Zeiten, in denen er seine Freunde mit seinem Klavierspiel zwangsbeglücken musste, sind auch längst vorbei. Heute zählt der gebürtige Bamberger mit deutsch-koreanischen Wurzeln zu den aufregendsten Pianisten der Gegenwart. Die Geschichte des 27-jährigen ist rasch erzählt: mit Sieben begann er mit dem Klavierspiel, bald kauft er sich Noten von seinem Taschengeld, und während gleichaltrige sich mit Sonatinen und kleinen Fingerübungen mühen, spielt der Achtjährige seiner Klavierlehrerin eines Tages Chopins Revolutionsetüde vor, die seinen Eltern umgehend einen Lehrerwechsel empfiehlt. Für Christopher Park steht da längst fest: er will Musik machen, am liebsten ein Leben lang. Während seines Studiums in Frankfurt prägen ihn zwei große Traditionen: bei Lev Natochenny lernt Park die Tugenden der legendären russischen Schule, bei Joachim Volkmann jene der deutschen Schule Wilhelm Kempffs. Doch da ist mehr. Der Kopf ist wichtig, das Herz wichtiger. Es kommt nicht nur darauf an, das Instrument meisterhaft zu beherrschen, sondern um die Freiheit des Ausdrucks und des Musizierens. Christopher Park vereint beides: virtuoses Feuer und Fantasie. Mittlerweile reist Christopher Park um die Welt, hat zuletzt ein fantastisches Album mit Klaviermusik von Franz Liszt  veröffentlicht, erhielt den begehrten Bernstein-Award und wird in Deutschland längst als Shootingstar gehandelt – ein Begriff, der eigentlich gar nicht zu ihm passt. Wer ihn im Konzert erlebt hat, weiß das. In Wien hatte man in den vergangenen zwei Monaten gleich zwei Mal die Gelegenheit dazu. Am 22. Oktober war Christopher Park im Konzerthaus zu Gast, einen Monat später, am 29. November, debütierte er im Wiener Musikverein, wo er gemeinsam mit dem Küchl-Quartett einen Kammermusikabend gestaltete. Wien als wichtige Feuertaufe? Ja und Nein, denn Christopher Park hat seinen Weg längst gefunden. Er gehört zu den glücklichen Menschen, deren Beruf zugleich Berufung ist.

 

 

Begegnung im Herbst

Aaron Pilsan (Foto: Franck Juery / Naïve)

Aaron Pilsan (Foto: Franck Juery / Naïve)

Der Text entstand für das CD-Booklet bei Naive

Im Februar hörte ich Aaron Pilsan zum ersten Mal. Im prachtvollen Schubert-Saal des Konzerthauses gab er an der Seite von Schauspielerin Dörte Lyssewski sein Wien-Debüt. Gemeinsam gestalteten sie eine Matinee im Rahmen des Zyklus „Musik und Dichtung“ – sie las aus Arthur Schnitzlers Erzählung „Der Mörder“, er spielte Brahms und Schönberg. Kein Virtuosenfutter, sondern Musik, die zwischen versunkener Wehmut, keckem Schelm und dämonischem Schrecken, tief in die Abgründe der menschlichen Seele blicken ließ. Pilsan war gerade neunzehn geworden, ein schlanker Jüngling mit Smoking und Fliege, dunklem dichten Haar und einem schüchternen Lächeln auf den Lippen. Der Saal war bis in die hintersten Reihen gefüllt, sogar auf der Bühne hatte man Sesseln platziert, und die Mittagssonne schien den Menschen ins Gesicht, sodass manche ihre Augen schlossen, damit sie nicht geblendet werden. Als Aaron Pilsan die Bühne betrat, ging plötzlich ein Rascheln durch den Saal. Wer war dieser junge Mann? Weiterlesen