Schlagwort-Archiv: CD

Alle Jahre wieder: die Top-Ten-Charts

khatia

 

 

Khatia Buniatishvili: Kaleidoscope (Sony)
Dämonisch, charismatisch und hypersensibel: wenn Khatia Klavier spielt, dann steht die Zeit still. Wahnsinnsfrau, Hammeralbum.

 

 

sokolov

 

 

Grigory Sokolov: Schubert/Beethoven
Studios meidet Sokolov konsequent. Umso kostbarer ist dieser Live-Mitschnitt auf 2 CDs. Zugabe, Zugabe!

 

 

currentzis

 

 

Currentzis/Kopatchinskaja: Tchaikovsky: Violin Concerto – Stravinsky: Les Noces
Junge Wilde: der Dirigent und die Geigerin musizieren, dass die Fetzen fliegen.
Einfach nur geil.

 

 

say

 

 

Fazil Say: Mozart – Sämtliche Klaviersonaten
Mehr Mozart! Der türkische Ausnahmepianist lebt und atmet jede einzelne der insgesamt 375 Minuten. Zeit nehmen und genießen.

 

 

daniil

 

 

Da­niil Trifonow: Transcendental
Der Junge Russe spielt mit Liszt. Und was für Genieklänge er da hervorzaubert, ist atemberaubend. Oder transzendental.

 

 

kermes

 

 

Simone Kermes & La Magnifica Cumunitá : Love
Die Kermes zwischen Liebesgeflüster und emotionaler Achterbahnfahrt. Grandios musiziert. Trifft mitten ins Herz.

 

 

alison

 

 

Alison Balsom: Jubilo
Himmlische Klänge: die britische Star-Trompeterin liefert ein feinsinniges Barockprogramm.

 

 

kashkashian

 

 

Kim Kashkashian: Arcanum
Die dunkle Seite des Klangs: was die Bratschistin Kim Kashkashian ihrem Instrument zu verlocken vermag, ist berauschend.

 

 

cremona

 

 

Quartetto di Cremona: Saint-Saëns
Kein “Karneval der Tiere”, dafür selten gehörte, unglaublich packende Kammermusik und deshalb unbedingt eine Entdeckung wert.

 

 

letzbor

 

 

Gunar Letzbor: Accordato-Ex Vienna
Wieder hat der österreichische Geiger Fundstücke unbekannter Barockkomponisten der Habsburger im Gepäck. Virtuos!

 

 

 

 

 

 

Ein Stimme gar Wunderlich

wunderlich

Fritz Wunderlich als Tamino in Mozarts “Zauberflöte”. (Foto: Gerhard H. Siess/DG)

Falter 40/2016

Im September wäre der deutsche Opernsänger Fritz Wunderlich 86 Jahre alt geworden. Gestorben ist er 1966 auf tragische  Art und Weise: Er stürzt die Treppe im Haus eines Freundes hinunter, prallte mit dem Kopf auf den Steinfliesenboden und war wenige Stunden später tot – nur eine Woche vor seinem 36. Geburtstag und auf dem Weg zur absoluten Weltspitze, das Debüt an der New Yorker Met stand gerade bevor. Auch 50 Jahre nach seinem Tod fasziniert der Tenor ungebrochen. Die aktuellen Veröffentlichungen zeigen, dass er zu den Größten seines Fachs gehörte. Weiterlesen

Figaro im Ural? Alles andere denn eine Qual!

Teodor Currentzis (Foto: Sony Classical)

Teodor Currentzis (Foto: Sony Classical)

Falter

Die Hochzeit des Figaro” ist eine von Mozarts populärsten Opern, es gibt unzählige Aufnahmen davon, manche besser, manche weniger gut. Lohnt es sich, die dramatischen Verstrickungen um einen heuchlerischen Grafen erneut auf Tonträger zu bannen? Teodor Currentzis, der sich als schräger Außenseiter zunächst einen Namen als Musikdirektor an der Oper von Nowosibirsk machte, ist ein genialer Coup gelungen. Er wurde nach Perm berufen, einer Stadt am Ural, wo er an der etwas angeranzten Oper für frischen Wind sorgen sollte.

Currentzis verstand es, Arbeitsbedingungen zu verhandeln, von denen jeder Intendant nur träumen kann: Er nahm sein Originalklang-Ensemble MusicAeterna mit und verlangte ausreichende finanzielle Mittel, das Orchester und einen Chor gut zu besolden, sowie unbegrenzte Probenzeit. In Perm hat sich Currentzis auch vorgenommen, Mozarts drei Da-Ponte-Opern auf CD einzuspielen. Kommenden Herbst steht die Aufzeichnung von „Don Giovanni” an, „Così fan tutte” ist bereits abgeschlossen, der „Figaro” ist soeben erschienen.

Currentzis serviert einen Mozart, der frei und unverbraucht klingt und der in seiner Interpretation so radikal wie schlüssig ist. Das gemeinhin als „opernhaft” Bezeichnete – übertriebenes Vibrato und überzeichnete Affekte – gibt es hier nicht. Stattdessen hören wir einen Vortrag von größter Intimität und staunen über die herrlichen Ornamente, die seine Sänger (Simone Kermes, Andrei Bondarenko, Christian van Horn, Fanie Antonelou) verwenden. Das Orchester spielt auf historischen Instrumenten, weil sie den straffen, klar definierten Klang liefern, der den Reiz dieser Musik ausmacht.

Currentzis geht über die Grenzen hinaus und zeigt, was möglich ist, wenn man die Fabrikmentalität des Klassik-Mainstreams meidet. Die Aufnahme rundet ein üppiges Booklet ab, in dem er seine Ansichten über Mozart darlegt.

Le Nozze di Figaro Mit Andrei Bondarenko, Simone Kermes, Fanie Antonelou, Christian van Horn u.a.  MusicaAeterna Leitung: Teodor Currentzis Sony Classical 42 Euro.

Le Nozze di Figaro
Mit Andrei Bondarenko, Simone Kermes, Fanie Antonelou, Christian van Horn u.a.
MusicaAeterna
Leitung: Teodor Currentzis
Sony Classical
42 Euro

Simone Kermes „Dramma“: schlicht und sauschwer, ein Händel-Hit und noch viel mehr

Falter

Simone Kermes "Dramma" (Sony Classical)

Simone Kermes “Dramma” (Sony Classical)

Für ihre CD „Dramma“ hat Simone Kermes elf der virtuosesten Arien der italienischen Opera seria ausgewählt: Werke von Leonardo Leo, Johann Adolf Hasse, Nicola Porpora und Giovanni Battista Pergolesi, die ursprünglich alle für Kastraten komponiert wurden. Viele der Arien wurden hier zum allerersten Mal eingespielt, die meisten haben einen jahrhundertelangen Dornröschenschlaf hinter sich. Die Anforderungen an den Interpreten sind extrem, erklärt Simone Kermes: „Das ist purer Belcanto, sauschwer. Die technische Meisterschaft der Kastraten war einfach unglaublich. Dagegen hatten die Sängerinnen damals kaum eine Chance.“ Tatsächlich genossen Sänger wie Farinelli, Cafarelli, Porporino oder Belli im Neapel des frühen 18. Jahrhunderts hohes Ansehen und wurden für ihre Künste so fürstlich entlohnt, dass sich Cafarelli tatsächlich ein Herzogtum kaufen konnte.

Neben einigen kantablen Arien erklingen hier solche, die an Schwierigkeit kaum zu überbieten sind. Simone Kermes stellt ihre phänomenale Technik unter anderem in den funkelnden Koloraturen der Rachearie „Per trionfar pugnando“ unter Beweis, wo sie neben aberwitzigen Oktavsprüngen drei Oktavenregister, vom tiefen A bis zum dreigestrichenen D (!), zu bewältigen hat. In der Sturm-Arie „Vedrà turbato il mare“ besingt sie das sich auftürmen- de Meer mit langen, schnellen Koloraturen. Bei „Son qual nave“ setzt sie mit kristallklaren Staccato-Figuren, Verzierungen und Kadenzen noch eins drauf. Die Schönheit von „Alto Giove“ hingegen liegt vor allem in ihrer Schlichtheit. Wie Kermes die Töne ab- und anschwellen lässt, ist atem- beraubend. Selbst von Händels Hit- Arie „Lascia ch’io pianga“, bekannt aus Funk und Fernsehen, kann man hier gar nicht genug bekommen.