Schlagwort-Archiv: Sopran

Pretty Belcanto

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Manche glauben nicht an das Wort Schicksal, Pretty Yende schon. Ganz entspannt sitzt sie im Rosa Zimmer des Wiener Konzerthauses. Yende ist spätabends aus Prag angereist, wo sie am Abend zuvor ein Galakonzert gesungen hat. Einen ganzen Tag lang wird die 29-jährige Sopranistin in Wien Interviews geben und Fragen beantworten. Vor einem Jahr gab Pretty Yende hier Debüt.
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“Die Stimme ist der Spiegel unserer Seele”

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Chen Reiss (Foto: Baldvinsson & Betz)

Chen Reiss (Foto: Baldvinsson & Betz)

Es ist früher Nachmittag, typisches Wiener Novemberwetter, eine Mischung aus Nebel und Nieselregen. Chen Reiss hat ein Treffen in einem Kaffeehaus in der Innenstadt vorgeschlagen, nur wenige Gehminuten von der Staatsoper entfernt, wo sie später mit dem Korrepetitor zum Proben verabredet ist. Sie kommt in einem kurzen, eleganten Kleid und hohen Stiefeln, trägt Schwarz, die langen Haare zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden. Todschick sieht die 34-Jährige aus, dazu dieses unverschämt glückliche Strahlen in ihren Augen.

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Barock mit Turboprop

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Simone Kermes (Foto: Christian Wind)

Dunkle Röhrenjeans, irre hohe Heels, fetziges Shirt. So wie Simone Kermes zum Interview am Flughafen Schwechat erscheint, denkt man eher an einen Popstar als an eine Sängerin aus dem klassischen Fach. Am rechten Ringfinger trägt sie einen fetten goldenen Totenkopfring. „Der ist von Alexander McQueen. Er wollte, dass ich bei seiner letzten Show in Paris singe. Dann hat er sich umgebracht. Beim Konzert gestern habe ich übrigens einen Stoff von ihm angehabt.“

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Simone Kermes „Dramma“: schlicht und sauschwer, ein Händel-Hit und noch viel mehr

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Simone Kermes "Dramma" (Sony Classical)

Simone Kermes “Dramma” (Sony Classical)

Für ihre CD „Dramma“ hat Simone Kermes elf der virtuosesten Arien der italienischen Opera seria ausgewählt: Werke von Leonardo Leo, Johann Adolf Hasse, Nicola Porpora und Giovanni Battista Pergolesi, die ursprünglich alle für Kastraten komponiert wurden. Viele der Arien wurden hier zum allerersten Mal eingespielt, die meisten haben einen jahrhundertelangen Dornröschenschlaf hinter sich. Die Anforderungen an den Interpreten sind extrem, erklärt Simone Kermes: „Das ist purer Belcanto, sauschwer. Die technische Meisterschaft der Kastraten war einfach unglaublich. Dagegen hatten die Sängerinnen damals kaum eine Chance.“ Tatsächlich genossen Sänger wie Farinelli, Cafarelli, Porporino oder Belli im Neapel des frühen 18. Jahrhunderts hohes Ansehen und wurden für ihre Künste so fürstlich entlohnt, dass sich Cafarelli tatsächlich ein Herzogtum kaufen konnte.

Neben einigen kantablen Arien erklingen hier solche, die an Schwierigkeit kaum zu überbieten sind. Simone Kermes stellt ihre phänomenale Technik unter anderem in den funkelnden Koloraturen der Rachearie „Per trionfar pugnando“ unter Beweis, wo sie neben aberwitzigen Oktavsprüngen drei Oktavenregister, vom tiefen A bis zum dreigestrichenen D (!), zu bewältigen hat. In der Sturm-Arie „Vedrà turbato il mare“ besingt sie das sich auftürmen- de Meer mit langen, schnellen Koloraturen. Bei „Son qual nave“ setzt sie mit kristallklaren Staccato-Figuren, Verzierungen und Kadenzen noch eins drauf. Die Schönheit von „Alto Giove“ hingegen liegt vor allem in ihrer Schlichtheit. Wie Kermes die Töne ab- und anschwellen lässt, ist atem- beraubend. Selbst von Händels Hit- Arie „Lascia ch’io pianga“, bekannt aus Funk und Fernsehen, kann man hier gar nicht genug bekommen.