Pretty Belcanto

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Manche glauben nicht an das Wort Schicksal, Pretty Yende schon. Ganz entspannt sitzt sie im Rosa Zimmer des Wiener Konzerthauses. Yende ist spätabends aus Prag angereist, wo sie am Abend zuvor ein Galakonzert gesungen hat. Einen ganzen Tag lang wird die 29-jährige Sopranistin in Wien Interviews geben und Fragen beantworten. Vor einem Jahr gab Pretty Yende hier Debüt.

Kurz vor der Premiere von Rossinis „Compte Ory“ im Theater an der Wien war Cecilia Bartoli erkrankt und eine neue Adèle musste her. „Plötzlich klingelte das Telefon“, erinnert sich Pretty Yende, nur wenige Wochen nachdem sie an der New Yorker Met debütiert hatte – in derselben Partie, wieder als Einspringerin – und an der Seite von Startenor Diego Flórez für Standing Ovation gesorgt hatte. „Manchmal muss ich mich selbst kneifen“, sagt Pretty Yende, „aber das Leben ist oft nicht planbar, es besteht auch aus Glücksfällen und Fügungen des Schicksals.

Pretty Yende wuchs in Piet Retief auf, einer kleinen Stadt in Südafrika an der Grenze zu Swaziland. Abgesehen von den weitläufigen Kiefernplantagen die den Ort umgeben, gibt es noch eine Kirche, eine Tankstelle, einen Coffeeshop, einen Supermarkt und ein paar Gästehäuser. Nach einer Musikschule oder einem Konzerthaus sucht man hier vergebens. Wie kommt man aus so einem verschlafenen Nest auf den verrückten Gedanken Opernsängerin zu werden?  „Über das Fernsehen“, sagt Pretty Yende und muss dabei laut lachen. Vielleicht weil die Geschichte wie ein kitschiges Märchen klingt: „Ich hatte überhaupt keine Ahnung von Oper, bis ich eines Nachts im Fernsehen eine Werbung mit dem Blumenduett aus der Oper Lakmé als Untermalung gehört habe. Ich war 16 und hätte mir nie gedacht, dass diese zehn Sekunden mein ganzes Leben verändern würden“.

Noch während ihrer Ausbildung am South African College of Music in Kapstadt nahm Pretty Yende 2009 am Belvedere Gesangwettbewerb in Wien teil. Nicht nur, dass die damals 24-Jährige sämtliche Preise abräumte; im Publikum saß der Besetzungsdirektor der Mailänder Scala, der Pretty Yende vom Fleck weg an die Scala-Akademie engagierte. Noch im selben Jahr zog Yende nach Mailand, ein „Kulturschock“, erinnert sie sich heute: „Ich war nie weg von zu Hause gewesen und hatte schreckliches Heimweh. Meine Eltern haben mich jeden Tag daran erinnert, dass das hier mein Traum ist. ‚Glaub daran!’, haben sie gesagt. Jetzt darf ich diesen Traum leben“.

Es tut sich viel in der Karriere der jungen südafrikanischen Sopranistin. Fremde Länder und Kulturen, neue Begegnungen, Interviews, Kostüme, Konzert- und Opernbühnen – an ein Leben als Opernstar muss Pretty Yende sich erst gewöhnen. Dabei will sie sich Zeit lassen, bloß nichts überstürzen. „Es gibt viele Angebote, aber im Moment fühle ich mich beim Belcanto-Repertoire am Wohlsten, weil die Partien meiner Stimme gut tun“. Und wenn sie mal nicht übt oder auf der Bühne steht? Dann hört Pretty Yende Gospel und Jazz, das erdet und führt sie wieder zu den eigenen Wurzeln zurück. „Ich bin für jeden Tag, an dem ich Singen darf, dankbar. Musik ist verbindend, Musik berührt die Seele, Musik ist Leben“.

Nach ihrem fulminanten Debüt im vergangenen Jahr, kehrt Pretty Yende am 15. März nach Wien zurück und wird im Rahmen des „Great Voices“-Zyklus im Wiener Konzerthaus in einer Reihe mit Angela Gheorghiu, Edita Gruberova, Rolando Villazón und Piotr Beczala auftreten. Unter dem Motto „Romantik trifft Belcanto“ gestaltet die Südafrikanerin mit dem herrlichen Koloratursopran ein Programm mit ihren Lieblingsarien von Rossini, Bellini, Donizetti, Gounod und Massenet.

Wiener Konzerthaus, Samstag, 15. März, 19 Uhr 30