
Fritz Wunderlich als Tamino in Mozarts “Zauberflöte”. (Foto: Gerhard H. Siess/DG)
Im September wäre der deutsche Opernsänger Fritz Wunderlich 86 Jahre alt geworden. Gestorben ist er 1966 auf tragische Art und Weise: Er stürzt die Treppe im Haus eines Freundes hinunter, prallte mit dem Kopf auf den Steinfliesenboden und war wenige Stunden später tot – nur eine Woche vor seinem 36. Geburtstag und auf dem Weg zur absoluten Weltspitze, das Debüt an der New Yorker Met stand gerade bevor. Auch 50 Jahre nach seinem Tod fasziniert der Tenor ungebrochen. Die aktuellen Veröffentlichungen zeigen, dass er zu den Größten seines Fachs gehörte.
Wunderlich liebte die leichte Muse. Eine erfrischende Sammlung der schönstem Operettenarien gibt es auf dem Album Fritz Wunderlich – Münchner Rundfunkorchester (BR Klassik) mit noch nie veröffentlichter Bühnenmitschnitte aus Wunderlichs besten Jahren, von Lehár über Strauß bis hin zu Leo Fall und Robert Stolz. Es ist verblüffend, wie zeitlos Fritz Wunderlichs Gesang wirkt. Diese einzigartige Mischung aus Unbekümmertheit und Lebensfreude, aus intuitivem Stilgefühl und dramatischem Ausdruck, aus genialem Musiker und lebenslustigem Künstler, aus enthusiastischem Held und überschwänglich Liebendem – all das machte das Faszinosum Wunderlich aus.
Die geballte Ladung Wunderlich gibt es in der Box Fritz Wunderlich – Complete Studio Recordings on Deutsche Grammophon (Deutsche Grammophon). Insgesamt 32 CDs, die alles beinhalten, was der Jahrhunderttenor je für das gelbe Label aufgenommen hat. Egal ob große Oper (beim Eugen Onegin fließen die Tränen) oder herrliche leichte Operette, ob charmanter Schlager (zum Niederknien: die Nummer “Granada”) oder erlesenes Kunstlied (unerreicht: Schuberts “Schöne Müllerin” mit Hubert Giesen), ob Kantate oder Oratorium: Fritz Wunderlich sang alles mit der selben Hingabe und Intensität, als gäbe es kein Morgen.
Während seines kurzen Bühnenlebens war Fritz Wunderlich stets ein Getriebener. Zwischen Proben, Aufführungen, Konzerten, Aufnahmesitzungen und Reisen blieb buchstäblich keine Minute ungenutzt. „Die Jahre mit ihm waren geprägt von ständiger Übermüdung“, erinnert sich seine Frau Eva Wunderlich, „und jeder, der ihn kannte, fragte sich: Woher nimmt der Mann bloß diese Energie?“ Fritz Wunderlich war nicht nur ein leidenschaftlicher Musiker, sondern ein Technikfreak, er baute Morsegeräte, filmte, fotografierte, bewirtete für sein Leben gern Freunde, ja züchtete sogar Algen.
Einen intimen Tribut zollt Eva Wunderlich ihrem verstorbenen Mann, diedie unter dem Titel Fritz Wunderlich – The 50 Greatest Tracks (Deutsche Grammophon) ihre persönlichen Highlights in ein Doppelalbum gepackt hat. Darunter finden sich berühmte Opernarien, (ein Traum-Tamino in Mozarts “Zauberflöte”) ebenso wie Raritäten (Strauss’ “Capriccio” mit Lucia Popp und Lisa della Casa) oder Schumanns “Dichterliebe”. Besonders kostbar ist die Steuermann-Arie aus dem “Fliegendem Holländer”: der Mitschnitt aus München ist die einzige Live-Aufnahme in einer Wagner Partie, und sie lässt erahnen, was für ein fantastischer Wagner-Tenor in Wunderliches Stimme schlummerte. Genial!