Foto: Andreas J. Hirsch

Klingende Ostern

Lust und Leidenschaft, Rache, Angst und Eifersucht – starke Gefühle und große Namen wie Nina Stemme und Jonas Kaufmann erfreuen über die Osterfeiertage Klassikfans in Wien und Salzburg. Ein kleiner Leitfaden durchs Programm.

Wiener Staatsoper: Elektra

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Nina Stemme (Foto: Artists Management Zürich)

1903 besuchte Richard Strauss die Uraufführung von Hofmannsthals Tragödie „Elektra“ in Berlin – die beiden Herren hatten kurz zuvor einander in Paris kennen- und schätzen gelernt. Strauss, der zu diesem Zeitpunkt mit der Arbeit an seiner Oper „Salome“ beschäftigt war, erkannte wohl sofort das dramatische Potential des Stücks. Viele Jahre später schreibt er in seinen Betrachtungen und Erinnerungen: „Als ich zuerst Hofmannsthals geniale Dichtung sah, erkannte ich wohl den glänzenden Operntext und, wie seinerzeit in „Salome“, die gewaltige musikalische Steigerung bis zum Schluss. (…) Beide Opern stehen in meinem Lebenswerk vereinzelt da: ich bin in ihnen bis an die äußersten Grenzen der Harmonik, psychischer Polyphonie und Aufnahmefähigkeit heutiger Ohren gegangen“. Mit dem expressionistischen Einakter trafen der Komponist und sein kongenialer Textdichter den damaligen Zeitgeist: Sigmund Freuds „Studien über Hysterie“ waren soeben erschienen und in Wien drehte sich alles um Psychoanalyse. 1908 schrieb Strauss an den Dirigenten Ernst von Schuch: „Elektra ist fertig und der Schluss saftig geworden! Die Hauptrolle muss nun auf jeden Fall von der aller hochdramatischsten Sopranistinnen gegeben werden, über die Sie verfügen“.
In Wien hat man für die Neuproduktion mit Nina Stemme die Idealbesetzung für das
Strauss´sche Seelendrama rund um das Schicksal der Atriden-Tochter gefunden. Stemme, die zuletzt mit großen Wagner-Partien reüssierte und im Haus am Ring bereits als Ariadne brillierte, feiert eben hier am ihr Rollendebüt als stimmgewaltige Elektra. Ihr zur Seite stehen Anna Larson als Klytämnestra und Anne Schanewilms als Chrysotemis sowie Norbert Ernst (Aegisth) und Falk Struckmann (Orest). Wieder hat sich die schwedische Sopranistin und dreifache Mutter intensiv mit dem Werk auseinandergesetzt, über dessen Entstehungsgeschichte gelesen und die eine oder anderen historische Aufnahme gehört – als Inspiration, wie sie selbst sagt.
Auf der Bühne taucht Uwe Eric Laufenberg das antike Drama in einen dunklen Hinterhof, „dort, wo die Herrschenden normalerweise nicht hinkommen, dort, wo auch der Müll abgeladen wird“. Für den Regisseur hat Strauss´ Elektra bei all dem Hass auch etwas Läuterndes: „Sie gibt dem Publikum die Möglichkeit, in eine Katharsis zu gehen und sich in Zustände zu versetzen, die wir so in unserem Alltag nicht ausleben können. Die Griechen haben dann von einer gereinigten Seele gesprochen“.

Elektra von Richard Strauss
Premiere: 29. März, 19 Uhr
Weitere Termine: 1., 4., 7., 11., & 16. April
Alle Informationen: Wiener Staatsoper

Osterfestspiele Salzburg: Italianità & russische Seele

Foto: Andreas J. Hirsch

Regisseur Philipp Stölzl setzt Jonas Kaufmann in Szene (Foto: Andreas J. Hirsch)

Starke Gefühle stehen heuer auf dem Programm der Osterfestspiele Salzburg, und das gleich im Doppelpack: zum ersten Mal sind hier die beiden Verismo-Opern Cavalleria Rusticana von Pietro Mascagni und I Pagliacci von Ruggero Leoncavallo an einem Abend zu erleben (6. April). Nach Wagner und Strauss frönt man in Salzburg nun also der Italianità. Beide Kurzopern spielen im ländlichen Italien, in beiden geht es um Leidenschaft und Eifersucht, um Frauen, die ihre Ehemänner betrügen und um Liebhaber, die getötet werden. Für den Dirigenten und künstlerischen Leiter des Festivals, Christian Thielemann, war die Wahl des Repertoires eine reine ‚Lust-Entscheidung‘: „Mir liegt diese Musik, ich habe einen Sinn für den Verismo“, so Thielemann, der den „Bajazzo“ in jungen Jahren in Nürnberg, die „Cavalleria“ hingegen noch nie dirigiert hat. Gleich zwei Debüts feiert der Star der Aufführung, Tenor Jonas Kaufmann: als junger Sizilianer Turrido bei Mascagnis Cavalleria und als rachesüchtiger Ehemann Canio in Leoncavallos Komödiantentragödie I Pagliacci. Für ihn gehe ein Herzenswunsch in Erfüllung, erzählt Kaufmann, der außerdem den Tenor-Part im Giuseppe Verdis „Missa da Requiem“ übernehmen wird (31. März & 4. April). „Nachdem ich bereits Arien aus beiden Opern gesungen habe, freue ich mich darauf, sie endlich auch spielen zu dürfen. Mich faszinieren die emotionale Wucht dieser Musik und ihre Unmittelbarkeit. Es geht um wahre Gefühle, Verismo eben, und um die großen Dramen im Inneren des Menschen“.

Neben Italien steht Musik aus Russland im Zentrum des Salzburger Musikprogramms. Die Orchesterkonzerte mit der Staatskapelle Dresden sind den großen russischen Komponisten Peter I. Tschaikowski und Dmitri Schostakowitsch gewidmet, deren Werke an insgesamt vier Abenden erklingen wird. Mit Tschaikowskis bombastischem Klavierkonzert in b-Moll eröffnet der russische Pianist Arcadi Volodos den Salzburger Konzertreigen, dem Dirigent Daniele Gatti Schostakowitschs düstere 10. Symphonie zur Seite stellt (29. März & 5. April). Schmerz und Trauer prägen auch dessen erstes, nach dem Krieg entstandenes Violinkonzert in a-Moll (Solist: Nikolaj Znaider), das Christian Thielemann im zweiten Doppelkonzert gemeinsam mit Tschaikowskis letzter Symphonie, der „Pathétique“ aufführt (30. März & 4. April). „In diese Symphonie habe ich meine ganze Seele gelegt“, schreibt Tschaikowsky 1893 und es scheint, als habe er mit dieser Sechsten und ihrem so ungewöhnlichen Ausklingen im Finale sein eigenes Requiem geschrieben. Nur neun Tage nach der Uraufführung, die am 16. Oktober 1893 in St. Petersburg stattfand, starb der Komponist.

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Berühmte Tochter: Isabel Karajan (Foto: Matthias Creutziger)

Als Herbert von Karajan 1967 die Osterfestspiele gründete, war seine Tochter Isabel ein kleines Mädchen, das lieber auf Bäume kletterte, statt im Konzert zu sitzen. 2011 kehrte sie erstmals zum Ort ihrer Kindheit zurück – als umjubelte Schauspielerin in Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“. In diesem Jahr ist Karajan gleich zwei Mal zu Gast in Salzburg: zum einen im Konzert für Salzburg als Sprecherin in Sergeij Prokofjews „Peter und der Wolf“ (2. April) und zum anderen im Kammermusikprojekt „Fräulein Tod trifft Herrn Schostakowitsch“ (31. März & 5. April). „Ich liebe es Sprache und Musik miteinander zu verbinden“, sagt Isabel Karajan. „Dieser Abend wird eine Collage aus Stücken von Schostakowitsch und Textauszügen seiner Zeitgenossen sein“. Im Mittelpunkt steht die Angst, die viele Künstler während des Stalin-Regimes Zeit ihres Lebens begleitet hat, privat und beruflich. „Aber keine Sorge“, sagt Isabel Karajan, „Sie werden nicht eineinhalb Stunden lang eine angstschlotternde, zähneklappernde Schauspielerin auf der Bühne erleben. Wir haben bewusst versucht, heitere Stücke von Schostakowitsch einzufügen und seinen satirischen Umgang mit der Angst zu zeigen“.

Osterfestspiele Salzburg
28. März – 6. April 2015
Infos und Karten: www.osterfestspiele-salzburg.at

Osterklang Wien

Philippe Jordan (Foto: Jean-Francois Leclercq)

In seiner 19. Ausgabe lädt Osterklang-Festival zu einer aufregenden Entdeckungsreise durch drei Jahrhunderte Musikgeschichte . Eröffnet wird der Osterreigen heute Abend von den Wiener Symphonikern, die unter der Leitung ihres neuen Chefdirigenten Philippe Jordan im großen Saal des Wiener Konzerthauses Bachs „Matthäuspassion“ erklingen lassen. Tags darauf entführen Johannes Hiemetsberger und sein Vokalensemble Company of Music in die Minoritenkirche, wo sie gemeinsam mit dem Ensemble Sarband einen Abend mit jüdischen, christlichen und muslimischen Psalmvertonungen gestalten. Der 31. März und 2. April stehen ganz im Zeichen von Musik und Literatur, wenn in der Kammeroper des Ende des zweiten Weltkrieges gedacht wird. Andrea Eckert liest Gedichte von Anna Achmatova, dazu erklingt Kammermusik von Barber, Mozart und Schostakowitsch. Mit „Gli Uccellatori“ (Die Vogelfänger) bringt die Kammeroper am 30. März und 1. April eine Oper des vergessenen Komponisten Florian Leopold Gassmann auf die Bühne. Jean Renshaw inszeniert die barocke Rarität als heiteres Verwechslungsspiel bei dem sich trotz all der Irrungen und Wirrungen letztlich alles in Wohlgefallen auflöst. Am Karsamstag steht Gassmanns Oratorium La Betulia liberata auf dem Programm. In der Minoritenkirche musizieren das Bach Consort Wien sowie Mitglieder des Jungen Ensembles des Theater an der Wien und der Wiener Kammerchor. Mit einer festlichen Schubertiade am Ostersonntag beschließen die Wiener Symphoniker den Wiener Osterklang. Solist beim traditionellen „Frühling in Wien“-Konzert im Musikverein ist der gefeierte deutsche Opern-, Konzert- und Liedsänger Matthias Goerne, am Pult steht Philippe Jordan.

Gli Ucellatori (Foto: Wiener Kammeroper)

Gli Ucellatori (Foto: Wiener Kammeroper)

Osterklang Wien
28. März bis 5. April 2015
Infos und Karten: www.theater-wien.at