„Ab und zu muss es knallen“

Falter Stadtzeitung

Foto: Nadine Tragier

Foto: Nadine Tragier

Diese Musik lässt aufhorchen: Saxophon pur, vier Mal gleich, in den Stimmlagen Sopran, Alt, Tenor und Bass. Was wie eine Big Band klingt, entpuppt sich zunächst als klassisches Quartett. Hier werden Stücke von Grieg und Ravel, von Haydn und Schostakowitsch, von Bartók und Bach gespielt. Wie das klingt? Unglaublich vielseitig. Es ist schon erstaunlich, was das klassische Saxophon alles kann. Es hat die Coolness einer Klarinette und die Kraft einer Posaune, kann weich sein wie ein Violoncello und dunkel wie eine Tuba.

In der Klassik kommt die Formation „Saxophonquartett“ nicht gerade oft vor. „Das liegt wohl daran, dass unser Instrument erst relativ spät erfunden wurde“, sagt Blaž Kemperle. „Dafür bringen wir frischen Wind in die Klassikwelt“. Gemeinsam mit Erik Nestler, David Brand und Alan Lužar bildet er das Signum Saxophonquartett. Seit zweieinhalb Jahren spielen die Saxophonisten nun in dieser Besetzung zusammen. Als „pure Klassiker“ sehen sich die vier ohnehin nicht, eher als Grenzgänger. Weil es für ihre Besetzung nur wenig Originalliteratur gibt, lassen sie die Stücke für das eigene Instrument neu arrangieren. Das funktioniert bei Bach ebenso gut wie bei Beethoven, Mozart und Grieg bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen.

Mit Signum will das Quartett Zeichen setzen, neue Wege beschreiten und musikalische Grenzen aufbrechen. Dazu gehört jede Menge Neugier, Entdeckerfreude und Erkundungslust. Das lässt sich auch auf der aktuellen CD „Balkanication“ nachhören. In der erweiterten Formation SignumFive mit dem Akkordeonisten Nikola Djoric und dem Schlagzeuger Volker Reichling spielen sie sich durch die Welt des Folk, Klezmer, Balkan und Tango.

Ihre musikalischen Wurzeln haben die vier Musiker in der klassischen Musik. Sie haben in Wien, Köln und Amsterdam Konzertfach studiert. Erstmals über den Weg gelaufen sind sich Alan, Blaž, Erik und David 2003 bei einem Meisterkurs in Slowenien. Anfangen konnten sie damals nichts miteinander. Einige Jahre später kreuzten sich dann in Köln erneut ihre Wege. 2006 gründeten sie das Signum Saxophonquartett. Mittlerweile sind die Musiker aus Deutschland und Slowenien nicht nur Kollegen, sondern enge Freunde geworden. „Es ist wie eine Ehe zu viert“, sagt Blaž Kemperle, „nur dass wir nicht miteinander wohnen“. Vier junge Männer unter Dreißig, vier Meinungen, vier Charaktere – birgt das nicht jede Menge Konfliktpotential? „Wenn man 300 Tage im Jahr zusammen probt, spielt und reist, muss es ab und zu knallen“, sagt Alan Lužar. Auf der Bühne gehen die vier Vollblutmusiker stets an ihre Grenzen – sowohl physisch als auch psychisch. „Wir geben dem Publikum unser ganzes Herz, unsere ganze Seele“.

Mittlerweile haben sie alle großen Konzerthäuser Europas erobert, sind in der New Yorker Carnegie Hall aufgetreten und wurden von der European Concert Hall Organisation zum „Rising Star“ gekürt. An ihren ersten öffentlichen Auftritt können sie sich noch genau erinnern. „Das war auf der Dachterrasse eines Kölner Hotels. Es hat geregnet und wir hatten zwei Zuhörer“, erzählt Blaž Kemperle. Am Ende des Abends hat die Gage nicht einmal für das Abendessen in der benachbarten Kneipe gereicht. „Als Musiker musst du bereit sein immer wieder für deinen Traum zu kämpfen“, sagt Blaž Kemperle. „Aber die Zeiten, wo wir von der Hand in den Mund leben mussten, sind zum Glück vorbei“.

Live: 19. Mai 2015, 19 Uhr 30 
Berio-Saal, Wiener Konzerthaus