Müllers Wackeldackel

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Eigentlich befindet sich Max Müller gerade im Winterschlaf. Noch bis Anfang Dezember stand er für „Die Rosenheim Cops“ vor der Kamera. Jetzt ist erst einmal Drehpause und Max Müller wieder in Wien, endlich. In seinem Lieblingsbezirk, dem Siebten, hat er sich vor kurzem eine Wohnung gekauft, und wenn es nach ihm ginge, würde er sie nicht allzu oft verlassen. „Zu Hause sein, das ist wie Urlaub für mich“, sagt Max Müller, „vielleicht, weil ich nur so selten da bin“. Schließlich sind die Aufnahmen für die Rosenheim-Cops mit zahlreichen ausgedehnten Aufenthalten in München verbunden.

Seit Beginn der Erfolgsserie vor 15 Jahren ist Max Müller mit dabei und spielt den Polizisten Michael „Michi“ Mohr. Wird das nicht langsam langweilig? Keine Spur davon, sagt Max Müller, der sich in all den Jahren etwas Jungenhaftes, Spitzbübiges bewahrt hat. Wie? „Gute Gene“, lacht er und erzählt, dass er seine Midlife-Crisis glücklicherweise schon hinter sich hat. Der 40. Geburtstag sei so eine Art magische Grenze gewesen, die zwei Jahre danach die Hölle. „Du bist nicht mehr jung, aber du fühlst dich auch nicht alt. Du bist irgendwo dazwischen. Nicht mehr zu den Jungen dazuzugehören war damals schlimm für mich. Ich habe damals beschlossen, mich dem Alter zu stellen, weil es sich irgendwann sowieso nicht mehr verleugnen lässt“. Auch Michi Mohr ist mit Max Müller mitgewachsen. „Als ich angefangen habe, war ich 35. Jetzt, bin ich fast 50. Der Michi Mohr ist eine komische Rolle mit Tiefgang, ein Buffo mit Herz. Das mag ich am liebsten.“ Seine dunklen Seiten habe er ohnehin zu Genüge auf der Bühne ausgelebt. „In den ersten Jahren am Theater habe ich den gestörten Jugendlichen gespielt. Vom Junkie bis zum Nazi war da alles dabei. Danach kamen sieben Jahre an der Josefstadt, wo ich vor allem den jugendlichen Liebhaber geben musste, was das mit Abstand Langweiligste ist, das man sich vorstellen kann“.

1965 in Klagenfurt geboren, kam Max Müller 1984 nach Wien, inskribierte an der Hochschule für Musik Gesang und landete ausgerechnet beim großen Meister Walter Berry. Doch die Schauspielerei geht ihm ab. „Schauspieler wollte ich eigentlich immer schon werden. Meinen ersten Auftritt hatte ich als Dreijähriger bei einer Muttertagsfeier. Da hab ich zweieinhalb Streiche von „Max und Moritz“ zum Besten gegeben. Mit fünf habe ich mein eigenes Kasperltheater bekommen. Aber ich wollte mir nie was vorspielen lassen sondern immer selber spielen“. Also beginnt Max Müller zusätzlich zum Gesang eine Schauspielausbildung. Fünf Jahre lang hat er seine eigene Theatergruppe, das „Ensemble 90“, spielt und inszeniert unter anderem Bachmann und Sartre. Es folgen Engagements am Stadttheater Klagenfurt, dem Théâtre de la Bastille in Paris (Müller spricht neben Deutsch auch Englisch, Italienisch und Französisch) und am Renaissance-Theater in Berlin. In Wien wirkt er im Metropol, im Schauspiel- und im Lustspielhaus und von 1992 bis 2000 eben im Theater in der Josefstadt. Eine Trennlinie zwischen Schauspiel und Gesang gibt es nicht, sagt Max Müller. Er betreibt beides mit derselben Ernsthaftigkeit und Sorgfalt – egal ob als Polizist im Fernsehen oder als Lied-Interpret. „Ich sage immer: Singen ist Spielen mit der Stimme. Letztendlich geht es darum, Gefühle auszudrücken. Da macht es gar keinen so großen Unterschied, ob ich das mit dem gesprochenen Wort oder mit der Opernstimme mache“.

Als ausgebildeter Bariton singt er in Mörbisch und gibt 2002 beim Carinthischen Sommer in der Kirchenoper „Franziskus“ sein Operndebüt, und zwar gleich in der Titelrolle. Neben seiner Rolle als Michi Mohr hat Max Müller eine weitere Leidenschaft für sich entdeckt: den Liedgesang. 20 bis 30 Liederabende gibt er im Jahr, mit selbst zusammengestellten Programmen, wo er nicht nur als Musiker, sondern auch als Schauspieler und Rezitator auftritt. Im Musikverein debütierte Max Müller vor vier Jahren und überraschte mit einem ebenso kurzweiligen wie klug konzipierten Mozart-Programm aus Mozartliedern und -briefen, die er passend zur Stimmung ausgesucht hatte und selbst vortrug. Auch Schubert ließ Max Müller ähnliches angedeihen. Mit Passagen aus Briefen und Dichtungen begab er sich auf dessen Lebensspur, zwischen poetischen Visionen und den Krisen des Alltags, unter denen der Liederfürst zu leiden hatte. „Bei Schubert denken die meisten an die schöne Müllerin oder das Dreimäderlhaus. Kaum einer weiß heute, wie arm und wie schwer krank er war. In einem Brief an seinen Bruder schreibt er über seine ärmlichen Wohnverhältnisse. Er führte ein unglaublich karges Leben. Vielleicht spiegelt seine Musik deshalb so oft die Sehnsucht wider“. Zuletzt präsentierte Max Müller „Verbotene Lieder verbotener Komponisten“ aus den Jahren 1933 bis 1945, mit Klassikern von Benatzky, Stolz, Weill, Eisler, Krása und Kreisler.

„Ich liebe zeitgenössische Klassik, Schlager und Operette“, verrät Max Müller, der sich demnächst auf eine „humanimalische“ Spurensuche begibt und gemeinsam mit dem Pianisten Volker Nemmer einen vergnüglichen Abend rund um Rebläuse, Werwölfe und Wackeldackel gestaltet. „Das ganze Programm dreht sich um die Welt der Tiere in Musik und Poesie.“ Dazu gehört Mozarts Papageno ebenso wie Schuberts „Forelle“ oder Rossinis „Katzenduett“, das Müller übrigens mit sich selbst singt, mal als Bariton, mal als Countertenor. Neben Tier-Gedichten von Wilhelm Busch, Christian Morgenstern und Peter Hammerschlag – „einer meiner liebsten Wiener Dichter“ – hat Max Müller auch den einen oder anderen Schlager wiederentdeckt. Peter Alexanders Hit „Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere“ zum Beispiel oder Georg Kreislers Klassiker „Tauben vergiften im Park“.

Überhaupt fühlt sich Max Müller der Welt von Gestern näher, als dem heutzutage gern gepflegten Geschwindigkeitsrausch. Soziale Netzwerke sind ihm ebenso fremd wie moderne Smartphones. Er telefoniert immer noch mit einem uralten Nokia-Handy, das er einen „Steinzeitknochen“ nennt und kam bis vor einem Jahr auch ganz ohne Computer aus. „Ich rede einfach lieber mit den Leuten. So kann ich ihr Gesicht sehen und ihnen in die Augen schauen. Davon habe ich weit mehr als vom digitalen Niemandsland“.

Tierisch! Von Rebläusen und Werwölfen – von Wackeldackel bis Katzenduett
Max Müller & Volker Nemmer
27. & 28. Februar 2015, 20 Uhr
Musikverein Wien, Gläserner Saal

Aktuelle CD:

Ewig Dein Mozart - Lieder und Briefe eines Komponisten

Ewig Dein Mozart – Lieder und Briefe eines Komponisten (Solo Musica/Gramola)